Falstaff – Nominé Newcomer des Jahres 2018: Weingut Franzen

Tausend Dank für die Nominierung zum Newcomer des Jahres der Falstaff Wein Trophy 2018. Ich denke diese 2:42 min bringen wirklich unser komplettes Leben auf den Punkt. Danke für diese tolle Chance 

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»Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los.« So könnte eine Geschichte mit dem Herbsttag-Gedicht von Rainer Maria Rilke beginnen, die so unglaublich ist, dass sie niemand glauben würde, wenn sie sich nicht tatsächlich zugetragen hätte. »Der Sommer war sehr groß« war der erste Wein, den Angelina und Kilian Franzen gemeinsam auf die Welt brachten. Ein trockener Riesling, bei dem die Trauben aus ihrer Paradelage Bremmer Calmont stets eine gewichtige Rolle spielen. Auch heute noch, da rund sechs Jahre seit seiner Premiere vergangen sind. Die Franzens sind inzwischen verheiratet und haben neben dem »Der Sommer war sehr groß« auch eine Tochter zur Welt gebracht. Sie heißt Emilia und wächst mit dem Hausberg an der Mosel auf.

Seine Dramatik wird ihr noch lange verborgen bleiben. Mit einer Hangneigung von 65 Grad gilt der Bremmer Calmont als der Mount Everest unter den Weinbergen. Wenn auch nicht der höchste, so ist er bei Weitem der steilste und am schwierigsten zu bezwingende Wingert Europas. Fünf Hektar bewirtschaften die Franzens hier. Das ist einerseits ein Glück, weil der Riesling aus dieser Extremlage extrem gut geraten kann, andererseits für den Winzer aber auch äußerst entbehrungsreich, weil er ihm ein Höchstmaß an körperlicher Arbeit abverlangt. Ein archaischer Berg. Kilian Franzen meistert ihn seit fast zehn Jahren. Mehr oder weniger allein. Er ist 30 Jahre alt.

Der Bremmer Calmont ist auch sein Schicksalsberg. 2010 nahm sein steiles Gelände Kilians Vater bei Weinbergarbeiten das Leben. Angelina und Kilian hatten da gerade ihr Studium in Geisenheim begonnen. Sie waren schon zu Schulzeiten ein Paar und sind es noch heute. Der Berg konnte sie nicht brechen. Vielleicht wollte er das auch nicht, entfachte stattdessen ein Feuer, das jedes Jahr ein bisschen heller in den Weinen der beiden zu leuchten scheint. Als ob der Bremmer Calmont etwas von dem zurückgeben will, was er ihnen einst genommen hat.

Autor: Axel Biesler